Tagesspiegel-Leser empfehlen Comics

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„Seit der Lektüre mache ich öfter mal einen Kopfstand“
Zeitlos. „Watchmen“ ist einer der Favoriten unserer Leser. - Illustration: Gibbons/Panini

Wir haben unsere Leser gefragt: Welchen Comic würden Sie anderen Menschen besonders empfehlen? Hier eine erste Auswahl der Antworten, unter denen sich neben Klassikern auch einige Geheimtipps finden. Die Verlosung der Comic-Buchpakete endet am Freitag.


Ein sehr eigenwilliger Lieblingscomic von mir ist „Like a Velvet Glove cast in Iron“ von Daniel Clowes, der einen in eine herrliche, trocken-paranoide Welt entführt , in der Hunde ohne Körperöffnungen tödliche Geheimnisse verbergen. Großartig gezeichnet in klaren Bildern mit harten Kontrasten!
Nadja Ziller


Meine Comicempfehlung: „Ein Mann geht an die Decke“ von Katharina Greve. Der Mann, um den es geht, will seinem Leben eine neue Perspektive geben. Also verdingt er sich als Fahrstuhlführer im Berliner Fernsehturm. Ich mache seit der anregenden Lektüre öfter mal einen Kopfstand.
Heike Petzke


Mich begeistert immer nach wie vor „Die Südseeballade“ von Hugo Pratt. Beeindruckend finde ich den  lakonischen Erzählstil, den ultracoolen Protagonisten Corto Maltese  sowie die reduzierten durchkomponierten Bilder. Ganz großes Kino.
Jörg Schwiemann


Man neigt zu überschwänglichem Pathos bei der Beschreibung von Alan Moores und Dave Gibbons’ „Watchmen“. So groß, so vielschichtig, so artifiziell präsentiert sich der Comicwälzer, der in der Tat mehr ist als der oft herbeizitierte Meilenstein. Was hier an den Leser herantritt, ist nicht nur die Neuinterpretation der Machtphantasie ‚Superheld’. Es ist der Entwurf eines ganzen Kosmos’, einer alternativen, fiktiven Zeitlinie im New York der 1980er Jahre, in der der Kalte Krieg auf seinem bedrohlichen Höhepunkt erscheint. Form und Inhalt verbinden sich in diesem graphischen Kunstwerk auf so ambitionierte Weise, dass man durchaus geneigt ist, in der Bewertung die Schillersche Erhabenheit zu bemühen. Doch vergessen Sie als die schweren Geschütze. Erkunden Sie „Watchmen“ meinetwegen nur, um eine Frau in hautenger Superheldenkostümierung und einen nackten, blauen Übermenschen zu sehen, wie sie auf dem Mars darüber diskutieren, ob es sich lohne, die Erde zu retten.
Nico Kiefer

Das Unfassbare zeigen. Art Spiegelmans „Maus“ ist der Favorit mehrerer Leser. - Illustration: Spiegelman/Fischer

Ich möchte die Graphic Novel „Maus“ von Art Spiegelman mit des Künstlers eigenen Worten empfehlen: „I need to show the events and memory of Holocaust without showing it“. Spiegelmann gelingt etwas, vor dem nach dem Zweiten Weltkrieg viele zurückschreckten, das grauenhafte Geschehen in Worten (und Bildern) darzustellen. Das gelingt ihm zusätzlich auf eine Weise, die auch normalerweise am Thema nicht Interessierte ansprechen könnte. Brillant wäre es, wenn es ihm (oder jemandem) gelänge, die Tiermetaphorik fortzuführen und den Konflikt zwischen Israel und Palästina darzustellen (zu Ratten mutierte Mäuse?).
Andreas Preller


Ralf König: „Der bewegte Mann“. Zeitlos gut, immer wieder brüllkomisch.
Claudia Stegemann


Meine Empfehlung: Die „Berlin“-Bände von Jason Lutes (Berlin: Steinerne Stadt/Berlin: Bleierne Stadt).Selten bis nie ist diese Stadt in ihrer Vielschichtigkeit, ihrer Typenvielfalt, ihrer abstoßenden und anziehenden Verrücktheit so eindringlich und liebevoll dargestellt worden. Die detaillierten unkolorierten Zeichnungen genau wie die gewitzten Dialoge halten ein Berlinbild fest, das in seiner Komplexität über den an sich schon hoch interessanten historischen Stoff weit hinaus in die Gegenwart verweist.
Philipp Winterhager


„Watchmen“ von Alan Moore. Eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Macht, Superhelden und dem Kalten Krieg, doppelbödig und intelligent erzählt. Und immer wieder spannend zu lesen, auch wenn man den Film schon kennt.
Karl Salinger 

 


Stilbildend. Die Comicserie „Reisende im Wind“ von François Bourgeon, hier eine Szene aus dem vierten Band, wird derzeit im Splitter-Verlag neu aufgelegt. - Illustration: Bourgeon/Splitter

Ich empfehle wärmstens die Comicserie „Reisende im Wind“ von François Bourgeon, deren ersten fünf Alben erstmals von 1981-1984 in Deutschland erschienen sind und nun mit Band 6.1 und 6.2 vom Künstler weitergeführt wurden. Alle Bände sind als Hardcover-Neuauflage vom Splitter Verlag veröffentlicht worden und auf besonders hochwertigem Papier gedruckt, das Bourgeon selbst ausgesucht hat. Das Lettering wurde seiner Handschrift nachempfunden. Die ersten fünf Bände beinhalten eine Grafik des Originalcovers. Die Abenteuerserie spielt im 18. Jahrhundert und behandelt die Themen Sklaverei und Kolonialismus. So schuf Bourgeon 1979 ein neues Genre, den erwachsenen Historiencomic. Die zwei neu erschienen Bände mit dem Titel „Das Mädchen vom Bois-Caïman“ knüpfen an die ältere Geschichte an und spielen in New Orleans, Louisiana, im Jahre 1862. Auch nach 25 Jahren überzeugt diese „Graphic Novel“ durch die Qualität der Zeichnungen und Komplexität der Geschichte.
Malte Ussat


Ich würde „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“ von Art Spiegelman empfehlen. Spiegelman schafft es, diese äußerst schwierig zu erzählende Geschichte durch seine Bilder eindrucksstark zu vermitteln.
Gregor Siber


Ich möchte gerne dieses Buch empfehlen: „Der Ursprung“ von Marc-Antoine Mathieu. Es ist ein riesiger Comic-Band, der weitaus mehr als nur klasse Zeichnungen enthält! Irgendwo zwischen Traum und Realität wandelt der Protagonist durch eine Welt, in der Wohnraum Mangelware ist, und selbst der Humor einer absurden Reglementierung unterliegt. Bereits der Weg zum Arbeitsplatz verdeutlicht die Enge, in der die Charaktere der Geschichte leben: Der Held bahnt sich einen Weg durch die Menschenmassen in den Straßen. Die richtige Einschätzung der Strömung im Gedränge wird zum wichtigsten Kriterium der Navigation. Kurioserweise findet der Held der Geschichte - einmal am Arbeitsplatz angekommen - im Aktenstapel Seiten eines Comics, in der er selber mitspielt - es sind dieselben Seiten des Comicbands, die der Leser ein paar Seiten weiter im Buch lesen wird. Es beginnt eine spannende Geschichte, die die Grenzen zwischen Leser, Protagonist und Autor verwischen lassen. Ganz besonders imponiert hat mir dabei die Experimentierfreude des Autors: so sind z.B. einzelne Panels ausgestanzt, die den Blick auf die Panels auf den angrenzenden Seiten freigeben. Dennoch ergeben sich in der Lese-Reihenfolge sinnvolle Dialoge. Der Comic ist sicherlich experimentell, aber gleichzeitig prima lesbar, toll gezeichnet und unterhaltsam.
Christoph Spanier


Ist das Kunst? Nicolas Mahler verarbeitet in seinem Werk eigene Erfahrungen. - Illustration: Mahler/Reprodukt

Anderen Lesern würde ich einen Band von Nicolas Mahler empfehlen, nämlich „Kunsttheorie versus Frau Goldgruber“: Nicht nur, dass allgegenwärtige Diskussionen der Comic-Forschung und -Szene hier gleichzeitig zusammengefasst wie pointiert durch den Kakao gezogen werden, es zeigt gleichsam auf satirische Weise den beschwerlichen Weg des Comic-Zeichners zum Erfolg mit allen Widrigkeiten und allem Unverständnis, die ihm in der Gesellschaft begegnen können. In Mahlers charakteristischen (ich kenne zwar nur zwei seiner Bände, aber der Wiedererkennungswert scheint mir sehr hoch) Zeichenstil zwischen Cartoon/Karikatur und Comic zu Papier gebracht, ist es für Comic-Fans ein großer Spaß!
Matthias Harbeck 

 

Mein Tipp: „The Dark Tower“. Persönlich würde ich die Graphic Novel über Stephen Kings dunkeln Turm empfehlen. Für manche vielleicht frevlerisch, sind es doch nur Bilder, die auf der Geschichte des Turms aufbauen, nicht die Geschichte, die auf den Bildern beruht. Trotzdem habe ich noch nie eine Graphic Novel gesehen, die so sehr die Stimmung und Atmosphäre einer Geschichte so in Bilder bannen konnte. Awesome!
Jörg Ewers


Ich empfehle „Johnny Hiro“ von Fred Chao erschienen bei AdHouse Books. Dieser sympathische Schwarz-Weiß-Comic schafft eine seltene Verbindung von Pulp Adventure mit warmherziger Alltagsgeschichte um ein junges Pärchen in New York. Diesen Genre Mix findet man kaum in anderen Medien und gerade darum ist „Johnny Hiro“ ein wunderbares Beispiel für die Möglickeiten des Comics, die hier zur Gänze genutzt werden. Ein großartiges Lesevergnügen. 
Andi Preller


Ich würde jedem Leser die „Asterix“-Comics empfehlen. Das sind einfach klasse Geschichten.
Lars Baumert


„The Goon“ von Eric Powell. Hab ich von der Buchmesse mitgebracht. Hat mich schwer begeistert - mein erster echter Comic. :-)
Tine Guermann


Ich empfehle „Maus. Die Geschichte eines Überlebenden“. In dem Buch erzählt der Comiczeichner Art Spiegelman die Lebensgeschichte seines Vaters, der als Jude in Polen nur knapp dem Holocaust entkommen ist. Ich finde das Buch sehr spannend und bewegend. Mir gefällt besonders gut, dass es zwei Handlungsstränge gibt. Erzählt wird nicht nur von der NS-Zeit, sondern auch vom Leben des Vaters danach, davon, wie er mit seinen Erinnerungen an Auschwitz und an seine ermordeten Verwandten und Freunde klar kommt. Gewöhnungsbedürftig ist, dass alle Menschen als Tiere gezeichnet sind, aber schon nach wenigen Seiten ist man völlig gebannt von den guten Zeichnungen und den wirklich gut geschriebenen Texten.
Silvia Stieneker

 




Meine Empfehlung für alle Comicleser ist die Serie B.U.A.P. von Mike Mignola und John Arcudi. Die Serie beschreibt die Abenteuer der „Behörde zur Untersuchung und Abwehr Paranormaler Erscheinungen“. Diese Behörde ist bekannt aus den Hellboy-Comics. Die Geschichten um Agenten wie den Fischmenschen Abe Sapien, den Homunkulus Roger oder den körperlosen Johann Kraus funktionieren auch ohne Hellboy perfekt. Der Comic bietet seinen Charakteren viel Freiraum um sich zu entfalten schreckt aber auch nicht vor actionlastigen Kämpfen zurück. Er bietet eine ausgewogene Mischung aus Pulp und Fantasy-Elementen. Ein weiterer Pluspunkt ist das preisgekrönte Artwork von Guy Davis. 
Marcus Koppers


Oft gehen neue Kunstgattungen ja mit Paukenschlägen los, die sofort schwer zu erreichende Klassiker werden. So doch auch bei den Comics. Wer etwas über das deutsche Bürgertum der Kaiserzeit erfahren möchte, sollte die Geschichten von Wilhelm Busch lesen. „Max und Moritz“ sind zwar in der Rezeption so popularisiert und verharmlost worden wie z.B. auch „Gullivers Reisen“, aber wenn man sich die Geschichten genau ansieht, ist das alles ziemlich stark. Empfehlen möchte ich „Fipps, der Affe“. Da bleibt einem ganz oft das Lachen im Halse stecken. Und die Themen, die behandelt werden, sind auch nicht gerade gewöhnlich. Es geht sogar einmal um die Weisheit der Schöpfung, und das an der Stelle auch noch in Hexametern. 
Rolf Wanka


Für mich ist dieses Comic ebenso zeitlos wie brand- und hochaktuell: Der Asterix-Band „Obelix GmbH und Co. KG“  bzw. „Obélix et Compagnie“ aus dem Jahre 1976. Es ist der letzte Band, den Goscinny vor seinem Tod 1977 mit Text versah. Sprachlich (insbesondere im französischen Original) grandios und pointiert, der Sprachwitz unerreicht. Meines Erachtens hat dieses Exemplar unter den Asterix-Comics angesichts der Finanz-Krise und der weltweiten Rüge der wirtschaftlichen Gier und ihrer Folgen wieder an Aktualität und Brisanz gewonnen - Welches Unterhaltungsmedium schafft das heute schon, ein gravierendes globales Problem derart tief- und feinsinnig aufs Korn zu nehmen und zu hinterfragen? Hier kann sich die globale Finanzwelt letztlich noch immer an den zänkischen unbeugsamen Galliern ein Beispiel nehmen, die sich schließlich doch auf das besinnen, was wirklich wichtig ist.
Henriette Lillich


Ich habe einige Exemplare des Mosaiks (gebunden) und lose von Hannes Hegen mit den Geschichten der Digedags bei meinen Kindern liegen (jetzt auch schon 30 und 25 Jahre alt). Diese habe ich als Kind gern gelesen und lese heute noch gern darin. Hier werden geschichtliche Hintergründe spaßig und spannend erzählt. Es sind einprägsame Gestalten vorhanden, die für ganze Epochen der Menschheitsgeschichte stehen, zum Beispiel Ritter Runkel.
Susanne Roos

 

http://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/seit-der-lektuere-mache-ich-oefter-mal-einen-kopfstand/1810192.html

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